Schweinekinn? Echt jetzt? Der Gatte schaut skeptisch, als ich ihm das Menü für den kommenden Samstag vorlese. Die allerbeste Fressgruppe von allen ist zu Gast, es gibt fünf Gänge, mehr krieg ich nicht in meiner kleinen Küche nich gewuppt. Naja, es werden ja eh immer fünf Gänge plus – weil mich nachdem die hübsch angerichteten Teller leer gefuttert sind, immer fünf Paar Augen erwartungsvoll angucken. Und zwar so lange, bis ich sage: Okay, wer will Nachschlag? Der kommt dann rustikal in Schüssel und auf Holzbrettern auf den Tisch. Und obwohl ich vor jedem dieser Gelage denke, “diesmal hab ich mindestens genug Essen für die kommende Woche übrig”, sind die Reste dann doch immer durchaus überschaubar.
Papada – der spanische Schweinekinn Cut
Aber zurück zum Schweinekinn aka Papada Bellota. Papada, das heißt Kinn auf Spanisch. Bellota (spanisch: Eichel) steht für die höchste Iberico Qualität. Es handelt sich hier um freilaufende iberische Schweine, die in den sogenannten „Dehesas“, einer mit Eicheln bewachsenen Kulturlandschaft in Europas größten Naturschutzgebiet, der Extremadura, leben und aufwachsen. Und so ist das Kinn (eigentlich ist hier ein Stück vom Backenmuskel gemeint) dann auch ein typisch spanischer Cut. Ein völlig unterschätzter übrigens. Sous vide gegart verwandelt sich das collagenreiche Fleisch in eine zartschmelzende, nussig-aromatische Köstlichkeit. Da das Fleisch ziemlich stark marmoriert ist, bleibt es herrlich saftig. Nach dem Sous vide Garen finalisiere ich das Schweinekinn bei sehr hoher Hitze in einer gusseisernen Pfanne. Außen knusprig, innen saftig und noch leicht rosa. So muss Schwein!
Blumenkohl, Chicorée und Zwiebeln: Perfekte Begleiter zum Schwein
Zum nussigen Iberico passt Blumenkohl ganz wunderbar (der harmoniert übrigens auch allerbestens mit Haselnüssen). Am liebsten mag ich ihn gerade in Form eine Pürees, das nur mit etwas saurer Sahne verfeinert wird.
Süß und einen Zacken bitter wird´s mit dem karamellisierten Chicorée, der nach dem Braten in einer Glacage aus reduziertem Orangensaft und Butter ziehen darf.
Fehlt nur noch eine knackig-säuerliche Komponente auf dem Teller. Und dafür liebe, liebe, liebe ich gepickelte Zwiebeln. Sie sind easy peasy gemacht, halten sich ewig im Kühlschrank – und geben Gerichten so ein schönes “Zing”. Äh. Ihr versteht, was ich meine. Oder?
Rezept für Papada Bellota (Schweinekinn) mit Blumenkohlpüree, karamellisiertem Chicorée und gepickelten Zwiebeln
Für das Schweinekinn
600 g Papada Bellota
1 Prise Chipotle
1/2 TL Paprikapulver, edelsüß
2 Knoblauchzehen in Scheiben
Alle Zutaten vakuumieren und das Schweinekinn bei 75°C 6-8 Stunden Sous vide garen. Anschließend aus dem Vakuumbeutel nehmen und in einer gusseisernen Pfanne bei starker Hitze finalisieren.
Für die gepickelten Zwiebeln
2 rote Zwiebeln
400 ml weißer Balsamico
300 ml Wasser
14 g Salz
50 g Zucker
2 Lorbeerblätter
2 TL Senfsaat
Die Zwiebeln schälen und in dünne Spalten schneiden.
Die restlichen Zutaten in einem Topf aufkochen, die Zwiebeln dazu geben und eine Minute lang sprudelnd kochen lassen. Alles in ein Weckglas füllen, verschließen und abkühlen lassen. Mindestens drei Tage ziehen lassen.
Für das Blumenkohlpüree
1 großer Kopf Blumenkohl
200 g saure Sahne
20 g Butter
Meersalz
Muskatnuss
Den Blumenkohl in Röschen teilen, waschen und entweder in Salzwasser sehr weich kochen oder besser: im Multidampfgarer bei 99°C Vitaldampf 25-30 Minuten lang garen.
Anschließend mit saurer Sahne und Butter im Mixer oder Thermomix zu einem sehr feinen Püree verarbeiten. Mit Meersalz und frisch geriebener Muskatnuss abschmecken.
Für den karamellisierten Chicorée
2 Chicorée
1 TL Butter
1 TL Zucker
250 ml Orangensaft
60 g eiskalte Butter in Würfeln
Chicorée waschen und vierteln, den Strunk dran lassen. Butter in einer Grillpfanne erhitzen und die Chicorée Viertel unter Wenden braten, bis sie goldbraun sind, mit Salz würzen, dann Zucker darauf streuen und karamellisieren lassen.
250 ml Orangensaft auf etwa die Hälfte reduzieren, und die eiskalte Butter mit einem Mixstab einmontieren. Den Chicorée im Orangensud bis zum Servieren ziehen lassen.
Zum Anrichten
Radieschen Sprossen
Kohlrabi, in dünne Scheiben gehobelt und mit Zucker und Salz 4 Stunden lang mariniert
Das Blumenkohlpüree auf dem Teller verstreichen, ein Chicorée Viertel darauf setzen und Tranchen vom Schweinekinn. Zwiebelspalten darauf verteilen, mit Kohlrabi und Radieschen Sprossen toppen und servieren.
Das erste Mal hab ich Schweinekinn beim Gourmet Festival auf der MS Europa gegessen, zubereitet von Marco Müller aus dem Berliner Rutz. Ein außergewöhnlicher Gang an einem außergewöhnlichen Abend. Und wenn ich irgendwann im Lotto gewinne, dann will ich da wieder hin. Erst zu Marco Müller ins Rutz. Und dann auf die MS Europa.
Habt es lecker!
Conny
2 Kommentare
Bildschön und Schweinekinn hatte ich noch gar nicht auf dem Radar!
Liebe Grüße Tammy
Ich Folge dir die ganze Zeit. Es sieht fantastisch aus. Ich will es versuchen. Dank.