Lasst uns über Matjes reden. Ja, ich hör ihn schon, den Aufschrei. Über Matjes? Jetzt? Im September? Da haben sie doch gar keine Saison mehr, die sind doch quasi Fisch von gestern denn die frischen Matjes kommen doch im Juni auf den Markt. So.
Der Mythos vom frischen Matjes
Okay, der Reihe nach. Im Juni holen die Fischhändler alljährlich ihre “Der frischen Matjes ist da” Schilder raus – und ich muss dann immer ein bisschen schmunzeln. Denn richtig ist, dass für Matjes Heringe verwendet werden, die ab Ende Mai gefangen werden, und zwar vor der Fortpflanzungssaison, wenn ihr Fettgehalt besonders hoch und ihr Fleisch besonders zart ist. Die Heringe werden dann durch einen Kehlschnitt ausgenommen und dabei – und das ist das Besondere – nur teilweise ausgenommen. Die enzymhaltige Bauchspeicheldrüse bleibt drin, im Fisch, wenn die Heringe in Salzlake fermentiert werden. Und für diese Fermentation und das dabei entstehende Aroma sind genau diese Enzyme der Bauchspeicheldrüse verantwortlich.
Zurück zum Mythos vom frischen Matjes. Schon seit den 1970er Jahren ist eine Tiefkühlung jedes Matjes auf -45°C vor der Einsalzung gesetzlich vorgeschrieben. Heißt: Auch beim scheinbar “frischen” Matjes handelt es sich um Tiefkühlware. Und das ist auch gut so. Aus Gründen der Lebensmittelsicherheit nämlich.
Worauf ihr beim Matjes stattdessen achten solltet
Statt auf das irreführende “frisch” zu achten, wirft man besser einen Blick aufs Kleingedruckte. Guter Matjes enthält nix als Hering und Salz. Und keine Konservierungsstoffe, Aromen oder sonstigen Müll. Deshalb ist Matjes auch nicht lange haltbar, wenn er erstmal raus ist aus seinem Salzfass. Kauft ihn am besten beim Fischhändler eures Vertrauens. Und nicht im Supermarkt. Denn da hab ich wirklich noch nie einen guten Matjes ohne Konservierungsstoffe gesehen.
Traditionell kommt der Matjes zum Beispiel mit Hausfrauensauce (<- wir reden nicht über diesen Namen, gell?), die besteht aus Schmand, Zwiebeln, Äpfeln und Sahne oder mit Speckstippe, grünen Bohnen und Bratkartoffeln auf den Tisch. Auch lecker: Matjestatar, ich mach meins mit Radieschen, Apfel, Gewürzgurken und Schalotte. Dazu ein großer Klecks Schmand und ein kleiner Schuss von der Gewürzgurkenlake.
Für euch hab ich den Matjes heute schick gemacht. Und bringe ihn als herrlich sommerliche gute-Laune-Vorspeise auf den Tisch: mit einer Dill-Emulsion, gepickelten Zwiebeln, Radieschen und einem Apfel-Schmand.
Matjes mit Dill-Emulsion, gepickelten Zwiebeln, Radieschen und Schmand
Für die Dill-Emulsion
40 g Dill
200 g Gurke
140 ml Rapsöl
3 EL Apfelsaft
2 EL Zitronensaft
1 EL Ahornsirup
Gurke und Dill waschen und trocknen. Alle Zutaten im Hochleistungsmixer (ich: Thermomix) zu einer Emulsion verarbeiten.
Für die gepickelten Zwiebeln
2 rote Zwiebeln
150 ml Wasser
100 ml Weißweinessig
50 g Zucker
5 g Meersalz
1 Lorbeerblatt
Zwiebeln schälen und in feine Ringe schneiden und in ein sterilisiertes Weckglas oder Twist Off Glas schichten.
Restliche Zutaten einmal aufkochen, bis sich der Zucker gelöst hat. Kochende Marinade über die Zwiebeln gießen. Glas verschließen und die Zwiebeln mindestens 4 Stunden, besser über Nacht marinieren lassen.
Und außerdem
4 Matjes Doppelfilets
8 Radieschen
1 Minigurke
125 g Schmand
2 EL Apfelsaft
Salz
Zucker
Dillspitzen
Wer mag: Essbare Blüten
Matjesfilets vorsichtig teilen. Radieschen und Gurke in dünne Scheiben hobeln, etwas salzen und zuckern und 10 Minuten stehen lassen. Dann aus der Flüssigkeit nehmen, etwas trockentupfen, ggf. Gurkenscheiben aufrollen.
Schmand mit Apfelsaft verrühren, mit Salz würzen. In eine Spritzflasche füllen.
Zum Anrichten einen kleinen Klecks Dill-Emulsion auf einen Teller setzen. Pro Teller ein Matjesfilet darauf setzen. Das Matjesfilet nun mit Schmand-Tupfern, gepickelten Zwiebeln, Radieschenscheiben und Gurke toppen. Mit etwas Dill und – optional – mit essbaren Blüten, z. B. Dillblüten dekoriert servieren.
Zum Schluss noch ein bisschen unnützes Wissen, mit dem man beim nächsten Abendessen mit Freunden glänzen den Schlaumeier-Award einheimsen kann:
Was heißt eigentlich Matjes?
Matjes kommt von “Meisje”, das heißt “Mädchen” auf holländisch. Früher dachte man nämlich, der Hering sei genauso jungfräulich wie ein tugendhaftes Mädchen. Dem Holländer Jan Pieter Beukelzoon haben wir den leckeren Salzhering zu verdanken, er war nämlich der erste, der Heringe mit dem Kehlschnitt teilweise ausnahm und dann in Salzlake reifen lies. Und zwar schon 1395.
Und ihr so? Matjesfreunde? Oder Heringshasenfüße?
Habt es lecker!
Conny
4 Kommentare
Liebe Conny,
habe heute “Skör” entdeckt – von der Usedomer Inselkäserei. Phantastisch – als Ersatz für Schmand, z.B.. Wir hatten das gerade mit frischen Himbeeren,
Die Käserei verkauft auch in Hamburg –
” In 20357 Hamburg-Eimsbüttel finden Sie Usedomer Inselkäse bei “alles-kaese-und-co.de”in der Wendenallee 44.” –
wenn Du da Skör (ja, SkÖr) bekommst – zugreifen!
LG
Catherine
Liebe Conny,
wir haben heute Skyr gekauft um den direkten Vergleich zu Skör zu haben – Skör ist soooo viel besser….
LG
Catherine
Ein fantastisches Rezept! Einfach toll diese Fotos auf dieser Seite, da bekommt man richtig Appetit und Lust aufs Kochen.
Also einfach öecker, dank für dieses tolle Rezept mit den schönen Fotos!